HR-Umfra­ge: Fach­kräf­te­man­gel ver­schärft sich, Fluk­tua­ti­on und Arbeits­be­las­tung steigen

Außenansicht des Logistikzentrums mit großflächiger Solaranlage auf dem Dach.

Auf dem Deut­schen Logis­tik-Kon­gres­ses (DLK) in Ber­lin prä­sen­tier­ten die Wirt­schafts­ma­cher die Ergeb­nis­se ihrer HR-Umfra­ge zum Fach­kräf­te­man­gel in der Logis­tik. Die Aus­wer­tung der Ant­wor­ten der 140 Teil­neh­men­den erfolg­te in Koope­ra­ti­on mit der CBS Inter­na­tio­nal Busi­ness School und gibt einen Über­blick über den Sta­tus Quo, zeigt Ent­wick­lun­gen sowie mög­li­che Lösun­gen auf. Zen­tra­le Erkennt­nis­se der Befra­gung: Der Fach­kräf­te­man­gel ver­schärft sich trotz Rezes­si­on, die Arbeits­be­las­tung für Mit­ar­bei­ten­de steigt und die Fluk­tua­ti­on nimmt zu. Beson­ders gesucht sind gewerb­li­che Mit­ar­bei­ten­de, Fah­rer und IT-Fachkräfte.

 

Mehr als die Hälf­te der 140 Befrag­ten der HR-Umfra­ge zum Fach­kräf­te­man­gel sind in Füh­rungs­po­si­tio­nen in den Berei­chen Lager und Trans­port tätig. Eine gro­ße Mehr­heit aus 85 Pro­zent der Teil­neh­men­den bestä­tigt, dass ihre Unter­neh­men zur­zeit unter dem anhal­ten­den Fach­kräf­te­man­gel lei­den. Das The­ma Fluk­tua­ti­on stellt für einen mit 80 Pro­zent bei­na­he eben­so gro­ßen Anteil der Befrag­ten eben­falls ein erheb­li­ches Pro­blem dar. Auf die Fra­ge, wie die momen­ta­ne Lage des Fach­kräf­te­man­gels in der Logis­tik wahr­ge­nom­men wird, ant­wor­te­ten 67 Pro­zent, dass sich die Situa­ti­on wei­ter zuspitzt, 28 Pro­zent hiel­ten die Situa­ti­on für gleich­blei­bend und ledig­lich drei Pro­zent gaben an, dass sich die Situa­ti­on ent­spannt. Für die Zukunft erwar­ten die Teil­neh­men­den eine deut­li­che Ver­schär­fung der Lage: Auf die Fra­ge, wie sie die künf­ti­ge Ent­wick­lung des Fach­kräf­te­man­gels ein­schät­zen, gaben 74 Pro­zent an, dass sich die Lage wei­ter zuspit­zen wer­de, 24 Pro­zent gehen von einer gleich­blei­ben­den Situa­ti­on aus und nur zwei Pro­zent erwar­ten eine Ent­span­nung des Fachkräftemangels.

Zu den Ergeb­nis­sen der Befragung

 

Drin­gend gesucht: Fah­re­rin­nen und Fah­rer, gewerb­li­che Mit­ar­bei­ten­de, IT-Fachkräfte

Unter den Berufs­bil­dern, die am meis­ten unter dem Fach­kräf­te­man­gel lei­den, sind nach Anga­ben der Befrag­ten vor allem Berufs­kraft­fah­re­rin­nen und ‑kraft­fah­rer (82 Pro­zent), gewerb­li­che Mit­ar­bei­ten­de (66 Pro­zent) und Aus­zu­bil­den­de (58 Pro­zent) sowie IT-Fach­kräf­te (45 Pro­zent) und kauf­män­ni­sche Beru­fe (43 Pro­zent). Die Mehr­zahl der Teil­neh­men­den nann­te als Haupt­ur­sa­chen für den Fach­kräf­te­man­gel das durch Ereig­nis­se wie den medi­en­wirk­sa­men Fah­rer­streik auf der Rast­stät­te Grä­fen­hau­sen an der A5 ange­schla­ge­ne Image der Logis­tik, die demo­gra­fi­sche Ent­wick­lung der immer älter wer­den­den Gesell­schaft, den gene­rel­len Man­gel an qua­li­fi­zier­ten Fach­kräf­ten auf dem Arbeits­markt sowie das zu gerin­ge Gehalt. Die ins­ge­samt als ungüns­tig erach­te­ten poli­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen und die man­geln­de Sicht­bar­keit der Unter­neh­men im Wett­be­werb mit ande­ren Bran­chen prä­gen als wei­te­re Ursa­chen das Stimmungsbild.

 

Die Kon­se­quen­zen des Fach­kräf­te­man­gels und der Fluk­tua­ti­on für die Unter­neh­men, denen die meis­ten Teil­neh­men­den zustim­men, bedeu­ten vor allem eine stei­gen­de Arbeits­be­las­tung für die vor­han­de­ne Beleg­schaft (59 Pro­zent stimm­ten voll zu, 29 Pro­zent stimm­ten eher zu), stei­gen­de Per­so­nal- und Recrui­tin­g­kos­ten (47 Pro­zent stimm­ten voll zu, 43 Pro­zent stimm­ten eher zu) sowie feh­len­de und ver­lo­ren­ge­hen­de Kom­pe­ten­zen (43 Pro­zent stimm­ten voll zu, wei­te­re 43 Pro­zent stimm­ten eher zu).

 

Maß­nah­men gegen den Fach­kräf­te­man­gel – mehr mobi­les und fle­xi­ble­res Arbeiten

Die HR-Befra­gung iden­ti­fi­zier­te dar­über hin­aus aber auch Stra­te­gien, die von den Teil­neh­men­den ver­mehrt als sehr wir­kungs­voll ein­ge­stuft wur­den und auf die sich Unter­neh­men in der Fol­ge fokus­sie­ren soll­ten. Dazu zählt vor allem die Schaf­fung von fle­xi­ble­ren Arbeits­zei­ten­mo­del­len und die Mög­lich­keit für mobi­les Arbei­ten, wo immer dies mög­lich ist (58 Pro­zent bzw. 41 Pro­zent). Dar­über hin­aus sei­en Quer­ein­stie­ge zu för­dern (37 Pro­zent), Per­spek­ti­ven und Kar­rie­re­mög­lich­kei­ten für die Mit­ar­bei­ten­den zu schaf­fen sowie die­se zu erwei­tern und das Wei­ter­bil­dungs­an­ge­bot auf­zu­sto­cken (bei­de 35 Pro­zent) und schließ­lich die Sicht­bar­keit im Sin­ne eines kla­ren Employ­er Bran­dings zu ver­bes­sern (34 Pro­zent). Als wirk­sa­me Maß­nah­men ein­ge­schätzt wur­den dar­über hin­aus vor allem höhe­re Gehäl­ter (64 Pro­zent) sowie ein grö­ße­res Ange­bot an Bene­fits (56 Prozent).

 

Für Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber gel­ten laut Ansicht der Befrag­ten vor allem eine aus­ge­wo­ge­ne Work-Life-Balan­ce (79 Pro­zent), eine gute Arbeits­at­mo­sphä­re (65 Pro­zent), fle­xi­ble Arbeits­zeit­mo­del­le (60 Pro­zent) und mobi­les Arbei­ten (50 Pro­zent) sowie Kar­rie­re­per­spek­ti­ven (41 Pro­zent) als beson­ders wich­tig. Die Befra­gung iden­ti­fi­ziert jedoch auch einen Mis­match im Ver­gleich zu Ergeb­nis­sen ande­rer Stu­di­en. Aus Sicht der befrag­ten Unter­neh­men wer­den die The­men Diver­si­tät, Nach­hal­tig­keit, Wer­te­sys­te­me sowie sinn­stif­ten­de Arbeit als eher bzw. gänz­lich unwich­tig für Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber ein­ge­schätzt. Hier besteht nach Ansicht der Stu­di­en­au­toren Dis­kus­si­ons­be­darf und Optimierungspotential.

 

Ver­schär­fung der Situa­ti­on wird erwartet

Trotz des Errei­chens der Rezes­si­on am Arbeits­markt bestä­tigt das aktu­el­le Stim­mungs­bild, dass Fach­kräf­te­man­gel und Fluk­tua­ti­on in der Logis­tik wei­ter akut sind und sich der Man­gel an Fach­kräf­ten in ver­schie­de­nen Berufs­bil­dern zudem ins­ge­samt ver­schär­fen wird. Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber nut­zen den aktu­el­len Arbeit­neh­mer­markt für die Ein­for­de­rung diver­ser Ansprü­che. „Wir haben das Tal beim The­ma Fach­kräf­te­man­gel noch nicht durch­schrit­ten“, erklärt Wirt­schafts­ma­cher-Spre­che­rin Frau­ke Heis­ter­mann. „Auch wenn vie­le HR-Ver­ant­wort­li­che aktiv neue Lösun­gen für die Fach­kräf­te­ge­win­nung suchen, scheint das aktu­ell nicht zu rei­chen, denn die Fluk­tua­ti­on nimmt zu. Als beglei­ten­de Maß­nah­me soll­ten wir in der Logis­tik wei­ter­hin alles dafür tun, um als zukunfts­re­le­van­ter und attrak­ti­ver Arbeit­ge­ber wahr­ge­nom­men zu werden.“

 

Künf­tig: jähr­li­ches Moni­to­ring zum Fachkräftemangel 

In einer Video­bot­schaft zu den Ergeb­nis­sen erklär­te Prof. Dr. Nils Fin­ger von der CBS Inter­na­tio­nal Busi­ness School: „Der Fach­kräf­te­man­gel und auch die Fluk­tua­ti­on in der Logis­tik sind wei­ter akut und unse­re Befra­gung bestä­tigt, dass sich das The­ma auch wei­ter ver­schär­fen wird. Wir sehen sehr diver­se Ansprü­che von Bewer­be­rin­nen und Bewer­bern, ver­schie­de­ne Ursa­chen für die Pro­ble­ma­tik aber – und das ist das Gute – auch sehr gute und wirk­sa­me Lösungs­vor­schlä­ge, die Unter­neh­men in der Logis­tik bereits nut­zen oder auch wei­ter fokus­sie­ren soll­ten. Wie immer in der Logis­tik gibt es kei­ne One-Size-fits-all-Lösung, aber es gibt tol­le Bei­spie­le auch im Wirt­schafts­ma­cher-Netz­werk, von denen wir ler­nen kön­nen. Die posi­ti­ve Reso­nanz zeigt uns, dass wir an die­sem dyna­mi­schen The­ma dran­blei­ben sol­len, und das wer­den wir auch tun. Wir sehen wei­te­ren Diskussions‑, For­schungs- und auch Unter­stüt­zungs­be­darf und freu­en uns, in unse­rem Netz­werk in den Aus­tausch zu gehen und uns gegen­sei­tig zu hel­fen.“ Fort­an ist dem­nach ein jähr­li­ches Moni­to­ring zum Fach­kräf­te­man­gel in der Logis­tik geplant.

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